Straßenmusiker aus Zufall
Von Trang Dang
18.15 Uhr. Für gewöhnlich ziehen die Menschen zu dieser Uhrzeit in der Eschenpassage in Taufkirchen mit hastigen Schritten vorbei. Doch an diesem Abend bebt der betonierte Boden vor den Räumen des Bürgertreffs Soziale Stadt ein wenig. Es ist der Schall eines Klaviers, das hohe Wellen schlägt und die Aufmerksamkeit der Passanten einfängt.
„Es gibt Klaviere, die sehen besser aus als sie klingen“, sagt der Leiter der Musikschule Taufkirchen, Claus Blank, während er bei der Eröffnung des ersten „Street Pianos“ in Taufkirchen die Notenhefte des amerikanischen Komponisten George Gershwin in der Hand hält.
Und in der Tat, ein altes Klavier muss nicht gut klingen, wenn es doch in durchzechten Nächten und monatelanger Vorbereitung ein neues optisches Gewand bekommen hat und ihm somit neues Leben eingehaucht worden ist. Es wurde auseinandergenommen und von allen Seiten bemalt, erzählt Mike Baumann, 46, gelernter Illustrator. Allerdings könne er in nächster Zeit erst einmal keine Wolken mehr sehen, ganz zu schweigen von den Noten, beides eingebettet in einer surrealistischen blauen Landschaft. Seine Kollegen vom Künstlerkreis, Katharina Kohlmann und Alexandru Dragomir, haben ihm bei der Bemalung geholfen. Dabei durfte die große Zahl „40“ auf dem Klavier nicht fehlen, die steht für die 40-jährigen Jahrestage der Musikschule Taufkirchen und vom Künstlerkreis.
Initiatorin der Street-Piano-Aktion ist Gabriela Wagner, ebenfalls Mitglied im Künstlerkreis. Sie selbst spielte letztes Jahr auf einem „Play me, I’m Yours“ Klavier in München. Die bemalten Klaviere laden zum Klavierspielen im öffentlichen Raum ein. Die Idee schlug sie den Verantwortlichen des Quartiersmanagement Soziale Stadt Taufkirchen vor, die das Finanzielle übernahmen. „Keine Eintagsfliege“, sagt Professor Tilo Klöck von der Hochschule München.
Der Sozialwissenschaftler sieht mit der Idee und der Aufstellung des Street Pianos weiteres soziales Potenzial für Taufkirchen. Das Spontane, das Spannende liegt im zufälligen Aufeinandertreffen und im zufälligen Spiel. Offen bleibt also, ob der Student Dejan Kostic, 26, auch ohne diese Aktion den Weg nach Taufkirchen gefunden hätte: Immerhin erhielt er von sehr entspannten Bürgern viel Beifall für seine „zufällige“ musikalische Darbietung.